Problemstellung

Die Li-Ionen-Traktionsbatterie (LIB) stellt aktuell mit 30-50 % Kostenanteil die wertvollste Komponente in einem Elektrofahrzeug dar. Als elektrochemisches System leiden LIB an Degradationsmechanismen, weswegen ihr Gesundheitszustand über die Zeit und Nutzung abnimmt. Ab einem bestimmten Gesundheitszustand (beispielsweise bei 80 % Restkapazität) können die automobilen Anforderungen nicht mehr erfüllt werden, weswegen die Batterie getauscht werden muss. Der Zeitpunkt des Wechsels und die damit verbundene Nutzungsdauer von LIB stellt einen entscheidenden Faktor im Hinblick auf die ökonomische und ökologische Rentabilität von Elektrofahrzeugen dar. Eine präzise Bestimmung des Alterungszustands und Prädiktion der Restlebensdauer von LIB ist daher sowohl für Batterie- und Fahrzeughersteller, als auch für Flotten- und Endkunden erstrebenswert. Die Lebensdauerprädiktion von LIB ist jedoch ein schwieriges Unterfangen und stellt derzeit ein großes Problem dar. Die aktuell verwendeten Modelle sind a) zu ungenau und b) zu aufwendig und kostspielig zu erstellen.

Ziel

Das Projekt bawaii hat zum Ziel, einen Durchbruch in der Lebensdauerprädiktion von Li-Ionen Batteriepacks für Elektrofahrzeuge zu erzielen. Die wachsende Anzahl von Elektrofahrzeugen und die damit einhergehende Verbreitung von Li-Ionen Batterien erlaubt die Sammlung großer Mengen batteriespezifischer Daten während des Betriebs. Ziel des Projekts ist die Nutzung dieser Daten für eine zuverlässige und präzise Alterungsbestimmung und Lebensdauerprädiktion der Li-Ionen Traktionsbatterien entlang des Lebenszyklus. Dies soll durch die Entwicklung einer cloudbasierten, hybriden KI-Software geschehen. Aktuell verwendete empirische Alterungsmodelle bilden bestimmte System- und statistische Streuungseffekte nicht ab, weshalb sie über die Fahrzeugnutzung stetig ungenauer werden. Im Gegensatz dazu nimmt die Modellgenauigkeit von datenbasierten Modellen mit zunehmender Nutzungsdauer und Datenmenge zu. Hinter der Idee einer hybriden KI-Software steckt die Kombination der komplementären Vorteile beider Modellierungsdomänen. Neben dem reinen Nutzbarmachen der Daten soll die künstlichen Intelligenz mit batteriespezifischem Know-How aus empirischen Alterungsmodellen erweitert werden. Die Nutzungsmöglichkeiten einer hybriden KI-Software zur Lebensdauersprädiktion sind vielfältig, weil sie allen Stakeholdern entlang der Wertschöpfungskette wie OEM, Batteriesystemherstellern, Flottenbetreibern und Leasinggebern dabei hilft, Kosten und Zeit zu sparen:

 

  • Steigerung der nutzbaren Reichweite
  • Verlängerung der Batterielebensdauer
  • Predictive Maintenance
  • Effizienzsteigerung im Entwicklungsprozess

Durchführung

Das Konsortium setzt sich aus dem Lehrstuhl für Fahrzeugtechnik (FTM) der TU München und dem jungen bayrischen Technologieunternehmen TWAICE Technologies GmbH (Spin-off der TU München) zusammen. Die Aufgabenverteilung wird zusätzlich durch das Schaubild in Abb. 3 verdeutlicht.

Lehrstuhl für Fahrzeugtechnik: Der FTM ist für die wissenschaftliche Begleitung, Vertiefung und Validierung des Vorhabens verantwortlich. Dazu gehören die grundlegende Erforschung von KI-Methoden für die Lebensdauerprädiktion von LIB und die Erweiterung der KI durch domänenspezifisches Know-How aus empirischen Ansätzen. Es muss eine Berücksichtigung einzelner physikalischer Alterungsmechanismen in den KI-Modellen erforscht werden und eine den Anforderungen genügende Modelldefinition erarbeitet werden.

TWAICE: Das Aufgabengebiet auf Seiten von TWAICE umfasst zum einen das Datenmanagement, inklusive Anpassung der kompletten Technologiekette zur Datenakquise, Vorverarbeitung, Übertragung und Speicherung in einem Server-Backend. Wesentlicher Fokus liegt dabei auf der geeigneten Bereitstellung der Eingangsparameter, sowie der Bestimmung der realen Ausgangsparameter zur Validierung der Prognosen. Zum anderen ist TWAICE für die Implementierung der KI-Plattform, kontinuierliches Lernen/Anpassen/Weiterentwickeln der KI und Erprobung der neu entwickelten Methode in realen Flottentests verantwortlich.

Das Gesamtvorhaben gliedert sich anhand des V-Modells für Softwareentwicklung in die Hauptarbeitspakete Anforderungsdefinition (AP 1), Konzeptionierung hybrider Modellansatz (AP 2), Implementierung hybrides Alterungsmodell (AP 3), Anwendung des Modells im Flottentest (AP 4) und Wissenschaftliche Validierung (AP 5) (siehe Abb. 5). Als technisches Produkt soll die hybride KI-Software entstehen. Durch die Gliederung der Arbeitspakete anhand des V-Modells ergeben sich wichtige Iterationsschleifen zwischen den einzelnen Entwicklungsphasen, die für eine aus technischer Sicht möglichst optimale Umsetzung des Forschungsvorhabens sorgen sollen.

Gefördert durch das Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie i. R. des FuE Programms Informations- und Kommunikationstechnik Bayern, IUK-1808-0013